Verblistern von Liquida im Blister

Medikamente in Form von Tropfen oder Säften können von älteren Personen manchmal besser eingenommen werden als Tabletten. Es besteht seit langem der Wunsch, auch Liquida im Blister in Form einer Tageszeit-Dosis erhalten zu können.coloured_podsDoch Tropfen und Säfte werden bisher nicht in großem Stile verblistert. Wir haben explizit nochmals nachgefragt: laut MDK Bayern vom 29.3.2018 ist die Ver­blisterung von Flüssigkeiten grundsätzlich zulässig, aber „Eine Vergleichbarkeit ist nicht gegeben.“ Was soviel heißt, dass flüssige Medikamente parallel verblistert werden können, wenn diese unterscheidbar sind.

Denn der MDK muss bei seiner jährlichen Prüfung die bereitgestellten Medikamente prüfen: „Die Gutachter müssen aufgrund der vorliegenden Informationen (ärztliche Verordnung, Daten der Apotheke: Chargenkennzeichnung, Angaben zum Medikament wie Form und Farbe … ) augenscheinlich entscheiden, ob die Medikamente entsprechend der ärztlichen Verordnung gerichtet und abgegeben werden. Dies gilt sowohl für feste als auch flüssige Medikamente.“ (MDK Bayern, 15. 10. 2018)

Gleich-aussehende Liquida im Blister kann der MDK vor Ort nur schwerlich unterscheidenIn der Tat sind flüssige Medikamente anhand von Form und Farbe nicht so einfach differenzierbar wie z.B. Kapseln und Tabletten. Denn oft sehen die wenigen Tropfen im Becher irgendwie alle gleich aus. Daher ist die Äußerung eines  MDK-Auditors folgerichtig, der bei der Prüfung im Heim den Umgang mit Medikamenten negativ bewertet, wenn er gleich-artige oder gleich-aussehende flüssige Medikamente vorfindet. Seine einfache Begründung: er kann die Flüssigkeiten nicht differenzieren.

Während Lactulose zwar eindeutig von Novaminsulfonsäure unterschieden werden kann, ist die Unterscheidbarkeit von Melperon und Pipamperon nicht immer gegeben. Zudem: Schmerzmittel wie z.B. Novaminsulfonsäure sollten gemäß der Schmerzintensität variiert werden können, was ausgeschlossen wird, wenn dieses verblistert in immer der identischen Menge bereitgestellt werden.

Liquida verblistern als „Gesicherte Herstellung“ ??

Was ich hier bemerkenswert finde: der MDK-Prüfer lässt sich nicht beeindrucken von der  Aussage einer „sicheren Herstellung in der Apotheke“. Der Prüfer besteht auf seiner eigenen MDK-Vorgabe, dass er als Auditor vor Ort selbst und ohne Hilfsmittel (= „augenscheinlich“) in der Lage sein muss, die Richtigkeit der gestellten Medikamente überprüfen zu können.

Spezielle Liquida-Blister erhältlichstandfaehige_Abbrechpackung

Es gibt auch käuflich erhältlich Liquida-Blister, die jeweils nur ein definiertes Medikament enthalten.

Rezept-Übermittlung in der Heimversorgung gestattet – Update

501587ef2fZusammenfassung für Nicht-Juristen:

die Rezept-Übermittlung für die Heim­ver­sorgung durch die ver­ord­nen­den Ärzte sollte ge­stattet sein, wenn das Heim einen Ver­sor­gungs­ver­trag mit der Apotheke geschlossen hat und der Heim­be­woh­ner einer Ver­sor­gung durch die Ver­sorgungs­apo­theke zu­ge­stimmt hat.

  1. Herr Prof. Hilko Meyer berät u.a. den BVKA in rechtlichen Angelegenheiten: sein Aufsatz „Rezeptsammlung in der Heimversorgung zulässig“ war 2014 zu diesem Thema geschrieben.
  2. Seine jüngst erschienene Zusammenstellung „Die Übermittlung von Verordnungen in der Heimversorgung ist zulässig“ begleitet die Fragestellung u.a. auch unter dem Gesichtspunkt des anstehenden Antikorruptionsgesetzes.
  3. Rechtsanwalt Dr. Markus Rohmer hat in der  DAZ Nr. 51 erst kurz vor Weihnachten 2015 zu diesem Thema nochmals Stellung bezogen . Sein Diskurs „Rezeptübermittlung – was ist erlaubt“ ist etwas umfangreicher, aber kommt schließlich zum selben Ergebnis.

„Die Erfahrungen sind durchweg positiv.“

… aus dem Qualitätsbericht 2009 des AWO Bezirksverband Oberbayern e.V.:

Verblisterung von Medikamenten
Zwischenzeitlich werden in den meisten Seniorenzentren die Medikamente von den Apotheken bewohnerindividuell nach genauen Vorgaben durch den Arzt verpackt. Diese sog. Verblisterung erspart das tägliche Zusammenstellen der Medikamente durch die Fachkräfte. Die Erfahrungen sind durchweg positiv. Die freiwerdenden zeitlichen Ressourcen bei den Fachkräften kommen unmittelbar den Bewohnerinnen und Bewohner zu Gute. 2010 werden weitere Häuser auf die Medikamentenverblisterung umsteigen und entsprechende Verträge mit Apotheken schließen.

… aus dem QUALITÄTSBERICHT 2008 der MÜNCHENSTIFT GmbH:

Medikamentenverblisterung
Mittlerweile ist die Medikamentenversorgung auf allen Wohnbereichen im Haus St. Martin auf eine maschinelle Verblisterung umgestellt. Die Medikamente werden nicht wie bisher von Mitarbeitern der Apotheke im Bereich gestellt, sondern in der Apotheke maschinell in kleine Plastikbeutel eingeschweißt. Die Umstellung auf die Verblisterung führte zu einer Qualitätssteigerung, insbesondere, da die Bewohner durch die Beschrif-tung der Beutel ihre Medikamente selbst mitverfolgen und überwachen können.

Zunkuft des Patienten-individuellen Blisters?

Die Verblisterung von Patienten-individueller Medikation ist ein bedeutender Qualitäts-schritt bei der Versorgung von Patienten, die regelmäßig mehrere Medikamente ein-nehmen müssen. Vor allem im Alten- und Pflegeheim wird die Versorgungssicherheit in bisher nicht bekanntem Ausmaß erhöht. Trotz einiger erfolgreicher Insellösungen wurde allerdings nicht erreicht, die Dienstleistung „Verblistern“ aus dem reinen Tablettenstellen heraus zu holen und flächendeckend eine sinnvolle Patientenversorgung daraus zu bauen.

Die aktuell ungeklärte Frage der Kostenver­teilung beim Verblistern unterläuft geradezu die wünschenswerte direkte Ein­bindung des Apothekers in ein effektives Therapie- und Interventionsmanagement; ja, gegen­wärtigen Tendenzen führen dazu, dass der Blister lediglich als (alternativer) Medikamentenbehälter angesehen wird, dessen Herstellung jedoch nach den allerhöchsten Qualitätsstandards durchgeführt werden muss.

Dabei ist für die Verantwortlichen klar, dass weder im Altenheim noch beim Patienten zuhause die Arzneimitteleinnahme richtig kommuniziert wird. Der Apotheker gibt in der Regel Hinweise nur zum jeweils aktuell abgegebenen Medikament; die Gesamtsicht der Medikationsliste, die gerade der verblisternde Apotheker ja bei jedem Wochenblister vor Augen hat, wird wenig bis gar nicht umgesetzt! Es ist nicht nachvollziehbar, dass es nach 10 Jahren Verblisterung keine alternativen Ansätze seitens der Apotheker selbst gibt, das ur-eigene apothekerliche Know-how im wachsenden Bereich der multimedikamentös be-handelten Patienten und Chroniker effektiv umzusetzen – eine Auf­gabe, die durch die fort-schreitende Alters­pyramide geradezu herausgefordert wird. Wie gesagt, die Umsetzung ist gefragt – die Ausbildung innerhalb der Geriatischen Pharmazie hat erst punktuell be-gonnen[1]. Dazu reicht es eben nicht, allein die Tatsache heraus zu stellen, dass jeder vierte Versicherte fünf oder mehr verschiedene Medikamente braucht[2]. Erst in 2011 soll ein „Bündnis für System-Compliance“ starten: hier sollen von Apothekern Medikationslisten erstellt werden, die von den Ärzten geprüft und gegebenenfalls geändert werden[3]: zumindest ein Anfang !?

Die Entwicklung des Blisters aber wird weitergehen: verschiedene „intelligente Wochen-blister“ werden aktuell getestet. Innerhalb der BMBF-Innovationsallianz Digitales Pro-duktgedächtnis[4] werden z.B. digitale Informationen auf einem RFID-Tag direkt auf der Verpackung verschlüsselt abgespeichert. In verschiedenen weiteren Ent­wicklungen detektieren Sensoren, ob und wann welche Blister­tasche geöffnet wird: diese Informa­tion wird dann direkt und drahtlos an Arzt, Pflege- oder Notfalleinrichtung übermittelt, die dann ge­eignete Maßnahmen, sofern notwendig, einleiten kann.

Der Blister verspricht also, weiter spannend zu bleiben.