Stellen und Verblistern: „Geteilte Tabletten sind grundsätzlich nicht zulässig“

Die Vorgaben für das Teilen von Tabletten wurden mit der neuen ApBetrO erheblich verschärft: geteilte Tabletten sind grundsätzlich nicht zulässig, so die Resolution der  Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) zur einheitlichen Umsetzung und Überwachung der neuen ApBetrO in allen Bundesländern.

Ein Teilen von Tabletten sei nur dann zulässig, wenn die gewünschte Stärke nicht erhältlich ist und die Arzneimittelqualität der geteilten Form nachgewiesen und gewährleistet ist: dazu muss die Apotheke den Nachweis einer validierten Stabilität für die geteilten Tabletten vorlegen. Solange der pharmazeutische Hersteller aber seine Stabilitätsdaten nicht offenlegt, ist dieser Nachweis praktisch nicht möglich und folglich das Teilen von Tabletten nicht gestattet.

Identische Aussage von der AATB: die Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusion und Betäubungsmittelwesen der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesbehörden (AOLG) formuliert in ihrem Fragen- und Antwortenkatalog zur abgestimmten Haltung der Landesbehörden über einen einheitlichen Verwaltungsvollzug in der entsprechenden Frage, dass ohne Vorliegen von Stabilitätsdaten für eine geteilte Tablette „keine Teilung vor der patientenindividuellen Verblisterung vorgenommen werden [darf]“.

Bisher ist nicht bekannt, dass die Hersteller von Fertigarzneimitteln die Stabilitätsdaten, z.B. für eine geteilte Tablette, freiwillig veröffentlichen: die notwendigen Stabilitätsdaten für eine sog. „open stability“ sind heute nicht zwingend für die Zulassung eines Arznei-mittels zu erheben und vorzulegen.

Apotheken, welche immer noch geteilte Tabletten beim Stellen und Verblistern in Dosetts, Blisterkarten oder Schlauchblistern anbieten, müssen die notwendigen Stabilitätsdaten selbst erheben; erst bei „nachgewiesener Validierung der Stabilität der Qualität [geteilter Tabletten] über den Haltbarkeitszeitraum des Blisters oder des wiederverwendbaren Behältnisses“ ist das Teilen erlaubt. Der Nachweis einer validierten Stabilität ist für die Apotheke aus Praktikabilitäts- und Kostengründen praktisch nicht möglich.

Verblisterung am Ende? Der zweite und letzte „industrielle“ Verblisterer gibt frustriert auf

Die sog. „industriellen Verblisterer“ sind verschwunden: nachdem sich Kohl-Pharma von der industriellen Wochenblister-Produktion verabschiedet hat, wirft nun auch der Hamburger Maschinenhersteller Körber das Handtuch. Wie die auf Pharma-Verpackungstechnik spezialisierte Körber-Gruppe am Donnerstag mitteilte, wird sie sich aus dem Geschäftsbereich Pharma Services ganz zurückziehen.

Körber war 2008 mit seiner eigens zu diesem Zweck gegründeten Tochter Avidiamed in den Markt eingestiegen. Unter dem Namen „Medifalter“ wurde ein Wochenblister vorgestellt, bei dem jede Tablette einzeln verpackt war. Als Besonderheit wurde jede Einzeltablette als sogenannte „Single-Unit-Dose“ in einem eigenen Blisterhof verpackt und bildete so das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zum Blister-Pionier Kohlpharma und dessen 7×4-Box.

Ärzte, Apotheker, Kassen und Patienten hätten durchweg positive Rückmeldungen zur Verblisterung gegeben. Man sehe jedoch keine Chance, in absehbarer Zeit in die Fläche und damit zu einer wirtschaftlichen Perspektive zu kommen, erläuterte Avidiamed-Chef Grözinger. Begründet wird die Geschäftsaufgabe mit den fehlenden „gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für einen deutschlandweiten Einsatz“ der patientenindividuellen Verblisterung und des Medifalters: bis heute sind weder die apothekeneigenen Organisationen ABDA, DAV und BAK noch in der Folge die Politik an einer Umsetzung des Verblisterungskonzeptes interessiert.

Gilt doch die Verblisterung als ein Schlüsselprinzip zur Etablierung eines funktionierenden Medikationsmanagement: über den Blister, der seine Medikamente enthält, ist der Patient gehalten, alle seine Rezepte und möglichst auch seine Freiwahl-Käufe in EINER Apotheke seiner Wahl zu bündeln. Damit erlangt der Apotheker den zwingend notwendigen Überblick, der es ihm erlaubt, Wechsel- und Nebenwirkungen von Medikamenten auch von mehreren unterschiedlichen Verordnern zusammenzuführen und mit geeigneten Mitteln und in Absprache mit den verschreibenden Ärzten zu minimieren: Wechsel des Medikaments, Änderung der Einnahmezeitpunkte, Anpassung der Dosierung, usw.

„Die Qualität des Blisters darf nicht von seiner Herstellung definiert werden!“

Wie hier bereits angesprochen, sind in der Apotheke hergestellte Wochenblister bisher keinem Qualitätskontrollsystem unterworfen, welches die Eigenheiten bei der Herstel-lung von Patien­ten-­indivi­duellen Medikamenten-Blis­tern gebührend widerspiegelt.

Hintergrund ist die Tatsache, dass die Umstellung auf Fertigarzneimittel mit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Eigen-Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke drastisch zurück ge­drängt hatte; heute wird in den meisten Apotheken praktisch keine „Arznei-mittel-Herstellung“ im eigentlichen Sinne mehr betrieben. Entsprechend sind die Vor-gaben der (aktuell in Revision befind­lichen) Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zum Thema „Herstellung“ begrenzt auf das Führen eines Herstellungs- und Prüfproto­kolls; Qualitätsprüfungen werden als verzichtbar eingestuft, „so­weit die Qualität durch das Her­stel­lungsverfahren gewährleistet ist“.

Das Befüllen von Patienten-individuellen Blistern führte in den letzten Jahren die Unzu-länglichkeit der Vorgaben für die Her­stellung in der Apotheke offenkundig vor Augen: während Blisterzentren, d.h. nach §13 AMG arbeitenden Betriebe, die vollen Auflagen eines Herstellbetriebes erfüllen und grundsätzlich unter EU-GMP ar­beiten, sind Apotheken, die dieselben Blister mit identischen Ma­schinen in der Apotheke herstellen, lediglich an die ApBetrO gebunden.

In der Praxis führte dies dazu, dass Blister unter unterschiedlichen Qualitäts­anforde-rungen hergestellt und vertrieben wurden; auch die Bezeichnung „Blisterzentrum“ ist keine Unterscheidungshilfe: „Blisterzentrum“ wird auch von Apotheken verwendet, die mancherorts ledig­lich eine abge­trenn­te, Blister-herstellende Einheit innerhalb des eigenen Be­triebes zum„Blister­zen­trum“ definierten.

Um hier Abhilfe zu schaffen, wird im pubik gewordenen, jedoch wieder zurückgezogenen Arbeitspapier zur Revision der ApBetrO verpflichtend die Etablierung eines QM-System vorgeschrieben, was allerdings nur den Vorgaben des § 135a SGB V (Verpflichtung zur Qualitätssicherung) entspricht: erstmals aber wird – für jegliche Art der Herstellung – die Qualitätssicherung und die Ein­haltung der GMP-Richtlinien vorgegeben:

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( Arbeitspapier)

§ 2a Qualitätsmanagementsystem
(1) Die Apothekemuss ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem (QM-System) entsprechend Art und Umfang der durchgeführten Tätigkeiten betreiben, das die Qualitätssicherung und die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und deren Wirkstoffe beinhaltet. Das QM-System muss dokumen­tiert sein und auf seine Funktionstüchtigkeit kontrolliert werden.
(2) Die Apothekenleitung hat eine mindestens jährliche Teilnahme an geeigneten Maßnahmen zur ex­ternen Qualitätsüberprüfung sicher zu stellen. Die Überprüfung soll insbesondere die Qualität der in der Apotheke hergestellten Arzneimittel und der durchgeführten Prüfungen sowie der Beratung durch das Personal ein-beziehen.
(3) Die Apothekenleitung hat dafür zu sorgen, dass regelmäßig Selbstinspektionen in allen relevanten Bereichen der Apotheke von einem Apotheker oder einer Apothekerin durchgeführt werden.
(4) Die Qualitätsüberprüfungen nach Absatz 2 und die Selbstinspektionen nach Absatz 3 sowie die daraufhin erforderlichenfalls ergriffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.
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Die geforderte Qualitätssicherung „entsprechend Art und Umfang der durch­ge­führten Tätigkeiten“ wird in der Praxis durchaus unterschiedlich auszulegen sein; denn das Ab­füllen einer Teemischung oder das Versetzen einer Salbengrundlage mit einem Anti-biotikum sollen nicht mit GMP-Regelungen „erschlagen“ werden, die der europäische Gesetzgeber an die nach höchsten Sicherheitsstandards arbeitende pharmazeutische Industrie stellt. Dies wäre weder sachlich noch kostenmäßig zu rechtfertigen. Die Deut. Gesellschaft für Onkologische Pharma­zie (DGOP e.V.), die seit Jahren Erfahrung sam-melt bei der Zytostatika-Herstellung nach diesen höchsten GMP-Stan­dards, gibt zu be-denken: „Eine unreflektierte Übernahme der EG-GMP-Leitlinien in die ApoBetrO würde … zu einer deutlichen Ver­schlechterung der pharmazeutischen Betreuung vor Ort führen.“[1]

Die Herstellung von Blistern hingegen ist in der Regel eine vorhersehbare, geplante, und wieder­keh­ren­de Tätig­keit, die gerade aus der regelmäßigen, meist identischen Wieder-holung der Blister­herstel­lung nach einer strikten Qualitätssicherung ruft. Denn nicht die Einzelherstellung, sondern die quali­ta­tiv identi­sche und qualitätsgesicherte Herstellung ist die Herausforderung für die Apotheke. Und da­zu sind Vorgaben durchaus in der Form nützlich, wie sie an die Hersteller nach §13 AMG (Herstell­erlaubnis) gestellt werden.

Gemäß der (richtigen!) Feststellung, dass die Qualität eines Blisters nicht von seinem Her­stel­lungsort abhängig sein soll, wurde durch die Arbeitsgruppe AATB innerhalb der ZLG (Zentral­stelle derLänder für Gesundheitsschutz und Medizinprodukte) eine Zu­sammenstellung (Aide-mémoire[2]) von Vorgaben und Empfehlungen für die Länder-übergreifende Harmonisierung einer In­spektion geschaf­fen. Herausragend an diesem Aide mémoire ist die Tatsache, dass hier zum ersten Mal die ange­sproche­ne Divergenz der Vorgaben für §13 AMG-Betriebe bzw. für Apotheken über­wun­den wird: es werden praktisch identische Vorgaben für eine Inspektion gegeben, auch wenn die je­weiligen Grund­lagen (AmWHV für §13 AMG-Betriebe bzw. ApBetrO für Apotheken) sowohl in-halt­lich als auch graduell durchaus unterschiedlich sind.

Damit sind dankenswerterweise die gleichen Qualitätsanforderungen, auch wenn diese unterschied­lich umgesetzt werden (müssen), für die maschinelle Blisterherstellung ge-geben. Was fehlt, sind verpflichtende Vorgaben zur Qualitätssicherung für die manuelle Verblisterung.

Beim manuellen Verblistern werden Patienten-indi­vi­duell die Medika­men­te, ob nun zu Hause oder im Heim, aus den Original-Blisterstreifen ausge­drückt und unmittelbar wieder in Wochenblister „gestellt“, d.h. umgesetzt und wieder verschlossen. Diese Ur-Form des Verblisterns gilt es seit 2000 in Deutschland, und verbreitete sich durch die Einführung von ge­eig­ne­ter Software (Service50+, DosiCare, EasyDose, u.a.) trotz aller Drohungen und Verbote durch die Standesvertretung der Apotheker kontinuierlich und deutschlandweit.

  • Heute erhalten ca. gleich viele Patienten ihre (meist) manuell gestellten Wochen-blister-Karten aus der Apotheke und mittels Verblisterungs­automa­ten hergestellte Schlaublister.
  • Während es jedoch für die automatisch hergestellten Blister Qualitätsvorgaben gibt, sind bisher (über den Ent­wurf zur ApBetrO) keine Vorgaben für die manuelle Ver-blisterung in Sicht.

Wir hatten bereits hier darauf hingewiesen: während die singuläre Herstellung einer Medikation ex­pressis verbis von derEinhaltung der GMP-Richtlinien ausgenommen ist (“Arzneimittel, die in einer Apo­theke nach ärztlicher Verschreibung fü reinen bestimm-ten Patienten zubereitet werden (sog. for­mula magistralis)” [RICHTLINIE 2001/83/EG, Artikel 3], sollte doch gerade die geplante wöchentliche Wie­der­holung der manuellen Blister-Her­stel­lung die Anwendung eines adäquaten Qualitäts­manage­ments erfordern, um jedes Mal die gleiche hohe Qualität garantieren zu können:

  • Wochenblister werden grundsätzlich planbar und wiederholt hergestellt: nicht primär die Einzelher­stellung, sondern vor allem die gleichbleibende Qualität der wiederhol-ten Herstel­lung sind entscheidend;
  • Daher sind für die GEPLANTE WIEDERKEHRENDE BLISTERHERSTELLUNG durchaus Anforde­rungen an Personal, Räume, Ausrüstung, Dokumentation, Kontrolle und Hygiene gerecht­fertigt, und diese sollten denjenigen der automatisierten Her-stellung vergleichbar (nicht identi­sch!) sein.

Wie oben dargestellt, wird im bisherige Arbeitspapier zur ApBetrO lediglich ein funktio-nierendes QM-System vorgegeben. Auch hier muss wieder mit Augenmaß vorgegangen werden, so dass neben dem automatischen Blistern auch das manuelle Verblistern ver-pflichtend einem geeignetem und überprüfbarem QM-System unterworfen wird.


[1] http://www.apotheke-adhoc.de/Branchennews/11788.html
[2]Aide-mémoire 07120201 – Maschinelles patientenindividuelles Verblistern von Arzneimitteln. Über: https://www.zlg.de/arzneimittel/qualitaets­system/qualitaetsdokumente.html

Welches ist der „bessere“ Blister: Karte oder Beutel?

In den Anfangsjahren wurden in Deutschland ausschließlich Karten-Blister angeboten, die manuell ge­mäß Vorgabe des Arztes bzw. des Medikamentenblattes befüllt werden. Die Software-Unter­stüt­zung durch Blister-Programme erleichtert zwar das Medikamenten-management, insbesondere die Reich­­weiten­berech­nung und damit die „Nach-Bestellung“ notwendiger Rezepte, die mühevolle Einzel-Be­stückung des Blisters, genauso wie das Medikamenten-Stellen im Heim bzw. in Dosetts (z.B. Medi7 oder Anabox) aber bleibt der Apo­the­ke erhalten.

Dies änderte sich erst, als 2004 Kohl den automatisch befüllten 7×4-Blisterkarte an­kün­dig­te, und vor allem, als Baxter, Djikstra/HD Medi und später Tosho ihre Blister-Auto-maten, die bis dahin vor allem in Kranken­häu­sern sowie holländischen und schwedischen Blisterapotheken aufgestellt wor­den waren, auch für den deut­schen Apothekenmarkt auf­rüsteten: wollte der Apotheker die Ver­blisterung in der eigenen Hand behalten, so musste er mit dem Blister-Automaten nicht nur die traditio­nelle manu­­elle Arbeits­weise ändern, sondern auch einen Schwenk vom Karten-Blister zum Tüten- bzw. Schlauchbeutel-Blister vollziehen.

Blisterstreifen für die patientenindividuelle Arzneimittelversorgung

Blisterstreifen aus dem Automaten

Aufgerollt nach Einnahmezeitpunkten und verpackt in eine Blister-Box zum Abreißen haben Schlauch­beutel-Blister ge­genüber den Blisterkarten den entscheidenden Vorteil, dass sie flexibler ge­hand­habt werden können: Blister-Beutel sind eben nicht auf ein festes Schema von 4 oder 5 Ein­nahme­zeit­punkten festgelegt, son­­dern können individuell an die Dosierungsnotwen­dig­keiten jedes Patien­ten angepasst werden: be­liebig viele Einnahme-Zeitpunkte, Unterscheidung vor/nach dem Essen, unit-dose Verblisterung von potentiell inkompatiblen verschiedener Medikamente sind nur einige der wichtigen Punkte.

Stabile Blisterkarten und starre Einnahmezeiten können dagegen vorteilhaft sein, wenn ältere Patien­ten die Medikamente selbst aus dem Blister entnehmen: die Handhabung ist simpel und leicht ein­gängig, wenn „mor­gens“ immer links in einer neuen Zeile beginnt. Ebenso ist die Kontrolle „Habe ich meine Medi­ka­mente heute schon genommen?“ ein-facher, wenn die entsprechende Blister-Tasche be­reits leer erscheint.