Wie hier bereits angesprochen, sind in der Apotheke hergestellte Wochenblister bisher keinem Qualitätskontrollsystem unterworfen, welches die Eigenheiten bei der Herstel-lung von Patienten-individuellen Medikamenten-Blistern gebührend widerspiegelt.
Hintergrund ist die Tatsache, dass die Umstellung auf Fertigarzneimittel mit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Eigen-Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke drastisch zurück gedrängt hatte; heute wird in den meisten Apotheken praktisch keine „Arznei-mittel-Herstellung“ im eigentlichen Sinne mehr betrieben. Entsprechend sind die Vor-gaben der (aktuell in Revision befindlichen) Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zum Thema „Herstellung“ begrenzt auf das Führen eines Herstellungs- und Prüfprotokolls; Qualitätsprüfungen werden als verzichtbar eingestuft, „soweit die Qualität durch das Herstellungsverfahren gewährleistet ist“.
Das Befüllen von Patienten-individuellen Blistern führte in den letzten Jahren die Unzu-länglichkeit der Vorgaben für die Herstellung in der Apotheke offenkundig vor Augen: während Blisterzentren, d.h. nach §13 AMG arbeitenden Betriebe, die vollen Auflagen eines Herstellbetriebes erfüllen und grundsätzlich unter EU-GMP arbeiten, sind Apotheken, die dieselben Blister mit identischen Maschinen in der Apotheke herstellen, lediglich an die ApBetrO gebunden.
In der Praxis führte dies dazu, dass Blister unter unterschiedlichen Qualitätsanforde-rungen hergestellt und vertrieben wurden; auch die Bezeichnung „Blisterzentrum“ ist keine Unterscheidungshilfe: „Blisterzentrum“ wird auch von Apotheken verwendet, die mancherorts lediglich eine abgetrennte, Blister-herstellende Einheit innerhalb des eigenen Betriebes zum„Blisterzentrum“ definierten.
Um hier Abhilfe zu schaffen, wird im pubik gewordenen, jedoch wieder zurückgezogenen Arbeitspapier zur Revision der ApBetrO verpflichtend die Etablierung eines QM-System vorgeschrieben, was allerdings nur den Vorgaben des § 135a SGB V (Verpflichtung zur Qualitätssicherung) entspricht: erstmals aber wird – für jegliche Art der Herstellung – die Qualitätssicherung und die Einhaltung der GMP-Richtlinien vorgegeben:
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( Arbeitspapier)
§ 2a Qualitätsmanagementsystem
(1) Die Apothekemuss ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem (QM-System) entsprechend Art und Umfang der durchgeführten Tätigkeiten betreiben, das die Qualitätssicherung und die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und deren Wirkstoffe beinhaltet. Das QM-System muss dokumentiert sein und auf seine Funktionstüchtigkeit kontrolliert werden.
(2) Die Apothekenleitung hat eine mindestens jährliche Teilnahme an geeigneten Maßnahmen zur externen Qualitätsüberprüfung sicher zu stellen. Die Überprüfung soll insbesondere die Qualität der in der Apotheke hergestellten Arzneimittel und der durchgeführten Prüfungen sowie der Beratung durch das Personal ein-beziehen.
(3) Die Apothekenleitung hat dafür zu sorgen, dass regelmäßig Selbstinspektionen in allen relevanten Bereichen der Apotheke von einem Apotheker oder einer Apothekerin durchgeführt werden.
(4) Die Qualitätsüberprüfungen nach Absatz 2 und die Selbstinspektionen nach Absatz 3 sowie die daraufhin erforderlichenfalls ergriffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.
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Die geforderte Qualitätssicherung „entsprechend Art und Umfang der durchgeführten Tätigkeiten“ wird in der Praxis durchaus unterschiedlich auszulegen sein; denn das Abfüllen einer Teemischung oder das Versetzen einer Salbengrundlage mit einem Anti-biotikum sollen nicht mit GMP-Regelungen „erschlagen“ werden, die der europäische Gesetzgeber an die nach höchsten Sicherheitsstandards arbeitende pharmazeutische Industrie stellt. Dies wäre weder sachlich noch kostenmäßig zu rechtfertigen. Die Deut. Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP e.V.), die seit Jahren Erfahrung sam-melt bei der Zytostatika-Herstellung nach diesen höchsten GMP-Standards, gibt zu be-denken: „Eine unreflektierte Übernahme der EG-GMP-Leitlinien in die ApoBetrO würde … zu einer deutlichen Verschlechterung der pharmazeutischen Betreuung vor Ort führen.“[1]
Die Herstellung von Blistern hingegen ist in der Regel eine vorhersehbare, geplante, und wiederkehrende Tätigkeit, die gerade aus der regelmäßigen, meist identischen Wieder-holung der Blisterherstellung nach einer strikten Qualitätssicherung ruft. Denn nicht die Einzelherstellung, sondern die qualitativ identische und qualitätsgesicherte Herstellung ist die Herausforderung für die Apotheke. Und dazu sind Vorgaben durchaus in der Form nützlich, wie sie an die Hersteller nach §13 AMG (Herstellerlaubnis) gestellt werden.
Gemäß der (richtigen!) Feststellung, dass die Qualität eines Blisters nicht von seinem Herstellungsort abhängig sein soll, wurde durch die Arbeitsgruppe AATB innerhalb der ZLG (Zentralstelle derLänder für Gesundheitsschutz und Medizinprodukte) eine Zusammenstellung (Aide-mémoire[2]) von Vorgaben und Empfehlungen für die Länder-übergreifende Harmonisierung einer Inspektion geschaffen. Herausragend an diesem Aide mémoire ist die Tatsache, dass hier zum ersten Mal die angesprochene Divergenz der Vorgaben für §13 AMG-Betriebe bzw. für Apotheken überwunden wird: es werden praktisch identische Vorgaben für eine Inspektion gegeben, auch wenn die jeweiligen Grundlagen (AmWHV für §13 AMG-Betriebe bzw. ApBetrO für Apotheken) sowohl in-haltlich als auch graduell durchaus unterschiedlich sind.
Damit sind dankenswerterweise die gleichen Qualitätsanforderungen, auch wenn diese unterschiedlich umgesetzt werden (müssen), für die maschinelle Blisterherstellung ge-geben. Was fehlt, sind verpflichtende Vorgaben zur Qualitätssicherung für die manuelle Verblisterung.
Beim manuellen Verblistern werden Patienten-individuell die Medikamente, ob nun zu Hause oder im Heim, aus den Original-Blisterstreifen ausgedrückt und unmittelbar wieder in Wochenblister „gestellt“, d.h. umgesetzt und wieder verschlossen. Diese Ur-Form des Verblisterns gilt es seit 2000 in Deutschland, und verbreitete sich durch die Einführung von geeigneter Software (Service50+, DosiCare, EasyDose, u.a.) trotz aller Drohungen und Verbote durch die Standesvertretung der Apotheker kontinuierlich und deutschlandweit.
- Heute erhalten ca. gleich viele Patienten ihre (meist) manuell gestellten Wochen-blister-Karten aus der Apotheke und mittels Verblisterungsautomaten hergestellte Schlaublister.
- Während es jedoch für die automatisch hergestellten Blister Qualitätsvorgaben gibt, sind bisher (über den Entwurf zur ApBetrO) keine Vorgaben für die manuelle Ver-blisterung in Sicht.
Wir hatten bereits hier darauf hingewiesen: während die singuläre Herstellung einer Medikation expressis verbis von derEinhaltung der GMP-Richtlinien ausgenommen ist (“Arzneimittel, die in einer Apotheke nach ärztlicher Verschreibung fü reinen bestimm-ten Patienten zubereitet werden (sog. formula magistralis)” [RICHTLINIE 2001/83/EG, Artikel 3], sollte doch gerade die geplante wöchentliche Wiederholung der manuellen Blister-Herstellung die Anwendung eines adäquaten Qualitätsmanagements erfordern, um jedes Mal die gleiche hohe Qualität garantieren zu können:
- Wochenblister werden grundsätzlich planbar und wiederholt hergestellt: nicht primär die Einzelherstellung, sondern vor allem die gleichbleibende Qualität der wiederhol-ten Herstellung sind entscheidend;
- Daher sind für die GEPLANTE WIEDERKEHRENDE BLISTERHERSTELLUNG durchaus Anforderungen an Personal, Räume, Ausrüstung, Dokumentation, Kontrolle und Hygiene gerechtfertigt, und diese sollten denjenigen der automatisierten Her-stellung vergleichbar (nicht identisch!) sein.
Wie oben dargestellt, wird im bisherige Arbeitspapier zur ApBetrO lediglich ein funktio-nierendes QM-System vorgegeben. Auch hier muss wieder mit Augenmaß vorgegangen werden, so dass neben dem automatischen Blistern auch das manuelle Verblistern ver-pflichtend einem geeignetem und überprüfbarem QM-System unterworfen wird.
[1] http://www.apotheke-adhoc.de/Branchennews/11788.html