Kürzlich wurde ich gefragt, was denn der entscheidende Unterschied wäre zwischen einem patientenindividuellen Schlauchblister-Streifen aus einem Blisterzentrum und dem entsprechenden Blisterstreifen aus der Apotheke. Wir müssen dazu ein wenig ausholen:
- Der Blister aus dem Blisterzentrum wird per definitionem einem Ferigarzneimittel gleichgestellt, ist damit aber nicht selbst ein Fertigarzneimittel: Fertigarzneimittel unterliegen einer Prüfung im Rahmen der Zulassung, ein Blister hingegen benötigt keine Zulassung, wenn er nach §21 AMG aus Fertigarzneimitteln hergestellt wird. Während das Blisterzentrum als (Lohn-)Hersteller fungiert, ist die Apotheke gleichsam der pharmazeutische Unternehmer, der den Blister in Auftrag gibt und ihn anschließend in Verkehr bringt.
- Die einem Blisterzenrum unterliegende Herstellerlaubnis nach §13 AMG fordert eine gesicherte und geprüfte Herstellqualität nach einem QM-System, das die Transparenz der Abläufe gewährleisten, die Beherrschbarkeit der Prozesse garantieren, die Zuverlässigkeit der Prüfergebnisse sicherstellen und die Arbeitsweise von Blisterzentren mindestens auf nationaler Ebene vergleichbar gestalten muss. „Die Regelung der Herstellungserlaubnisse gewährleistet, dass alle für den europäischen Markt zugelassenen Produkte nur von autorisierten Herstellern hergestellt werden, deren Tätigkeiten regelmäßig durch die zuständigen Behörden überprüft werden.“ Dieser Satz aus der Einleitung zum EU-GMP Leitfaden gilt als verpflichtende Grundlage, dass alle Blisterzentren nach GMP-Vorgaben verfahren MÜSSEN.
- Der Blister, hergestellt in der Apotheke, ist per definitionem eine Auftragsleistung oder eine Rezeptur. Als solche unterliegt die Herstellung prinzipiell NICHT der GMP-Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (GMP-Richtlinie), denn im Titel 2 („Anwendungsgebiet“), Artikel 3, heißt es: Diese Richtlinie gilt nicht für (1) Arzneimittel, die in einer Apotheke nach ärztlicher Verschreibung für einen bestimmten Patienten zubereitet werden (sog. formula magistralis)… Dieses NICHT-Unterliegen bedeutet dann auch, dass Apotheken innerhalb der Rezeptur-Herstellung auch halbe Tabletten verarbeiten dürfen. Unter GMP-Vorgaben wäre dies kaum möglich, da z.B. geteilte halbe Tabletten eben meist NICHT exakt die halbe Wirkstärke aufweisen (welche ja aufgedruckt wird mit z.B. „0,5 mg“).
Was bedeutet dies nun in der Praxis:
- Der Blister aus dem Blisterzentrum bedingt keine strenge Identitätsprüfung: der abgebende Apotheker darf wie die Pflegekraft oder der Verbraucher davon ausgehen, dass die QM-Maßnahmen des Blisterzentrums für Qualität und Inhalt stehen. Der Patienten-individuelle Blister wird einem Original-Arzneimittel gleichgestellt: auch hier verläßt sich der Apotheker wie der Verbraucher auf die Angaben auf der Packung.
- Der Blister aus der Apotheke (manuelle oder automatische Herstellung) ist eine Auftragsherstellung und muss vom Auftraggeber bei der Übernahme der Auftragsleistung grundsätzlich überprüft werden: zwar wird das Heim/der Verbraucher keine Identitätsprüfung durchführen (können), trotzdem kann im Haftungsfalle der Nachweis der Prüfung auf nachvollziehbare Parameter (Anzahl, Form/Farbe, usw.) beim Blister gefordert werden. Wie und in welchem Umfange diese Prüfung stattzufinden hat, wird vom QM-System des empfangenden Heimes festgelegt werden müssen, das der Aufsichtspflicht von Heimaufsicht und MDK unterstellt ist.
So wird ein Blister aus dem Blisterzentrum und einer Apotheke, auch wenn er möglicherweise mit demselben Automaten und unter identischen Qualitätsvorgaben hergestellt wurde, doch unterschiedlich bewertet werden: den Blister aus dem Blisterzentrum wird das Heim direkt übernehmen, während der Blister aus der Apotheke prinzipiell geprüft werden muss.
Ein solches Verlangen ist nachvollziehbar: Blisterzentren unterwerfen ihre Blister meist einer aufwendigen optischen Identifizierung mittels Durchlicht-Messungen, und so kann im Zweifelsfalle jeder einzelne Blister auch im nachhinein nochmals geprüft und vermessen werden.