Will der Apotheker also zukünftig seine Blister selbst herstellen, so muss er investieren, denn die Verblisterung soll zukünftig in eigens dafür ausgerüsteten Räumen, auch abseits der Apotheke, durchgeführt werden. Ein Beispiel für die manuelle Verblisterung: ein angenommenes Investitionsvolumen von ca. 15.000 EUR für z.B. Etablieren eines risiko-basiertes Sicherheitskonzeptes, darauf abgestimmte Umbauten des für die Verblisterung genutzten Raumes, adäquate Raumausstattung (Zonenkonzept), effektive Qualitäts-kontrolle, durchgängige QM-Dokumentation bis hin zum Hygieneplan, usw. verteuert den einzelnen Wochenblister, sofern beispielsweise nur ein Heim mit ca. 100 Bewohnern versorgt wird, um mehr als 20% [1] auf Gesamtkosten von rund 6 EUR/Woche.
Diese qualitätsrelevanten Zusatzkosten können ohne Kompensation nicht von jedem Apotheker geschultert werden. Folgende Reaktionen sind daher auszumachen:
- Die aktuellen Regelungen zur qualitätsgesicherten Herstellung von Blistern drängen die manuellen Verblisterer in die Arme der Blisterzentren, die die anfallenden Kosten auf eine Vielzahl von Blisterkarten und -beutel verteilen und so effektiv günstiger anbieten können. Während die Kosten der manuelle Verblisterung und die Beauftragung eines Blisterzentrums aktuell auf einem ähnlichen Niveau stehen, werden Blisterzentren mit Kosten von ca. 3,50 EUR/Woche spätestens unter den neuen Regelungen deutlich kostengünstiger agieren können.
- Apotheker mit einem eigenen Blisterautomaten, die zukünftig nahezu die Anforderungen eines Herstellbetriebes erfüllen müssen, müssen kräftig investieren: Räume für das patientenindividuelle Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln sollen im Falle der maschinellen Herstellung über Absaugvorrichtungen und einen Zugang über eine Schleuse aufweisen sowie hinsichtlich ihrer Partikelzahl und der Keimbelastung der Luft regelmäßig überwacht werden.
- Alternativ können Apotheker mit eigenem Automat versuchen, diesen Kosten auszu-weichen: sie werden entweder ihren Automaten auf dem Gebrauchtmarkt verkaufen oder, sofern möglich, den eigenen Automat in Apotheken-Kooperationen einbringen und/oder in der Kooperation die Zulassung als Herstellungsbetrieb beantragen.
Gegen die Blisterzentren spricht momentan noch eine Tatsache: der selbst-verblisternde Apotheker darf bisher Tabletten teilen, wenn der Arzt eine Medikation der doppelten Stärke aufschreibt, die dann für die Einnahme geteilt werden soll. Erfahrungen zeigen, dass bis zu 30-40% aller Tabletten in Altenheimen so verordnet werden. Blisterzentren dürfen aufgrund der neuen Regelungen im AMG nur „unveränderte“, also nicht geteilte Tabletten verwenden. Auch bei Automaten in Apothekerhand kann der Automat geteilte Tabletten nicht automatisch verarbeiten; diese müssen der Maschine manuell „zugefüttert“ werden. Allenthalben wird nach Lösungen gesucht; im Entwurf zur neuen ApoBetrO zufolge soll eine Regelung gegen das ausufernde Teilen gefunden werden, welche das Teilen lediglich bei therapeutischer Notwendigkeit weiterhin erlaubt: Teilen vor dem Verblistern soll nur noch dann erlaubt sein, wenn die gewünschte Dosierung anders nicht erreicht werden kann, und dann nur noch nach sorgfältiger pharmazeutischer Beurteilung:
- nach Feststellung der Eignung der Fertigarzneimittel für das patientenindividuelle Ver-blistern, und
- nach Teilung müssen Qualitätsverluste, Verwechslungen oder Kontaminationen auszu-schließen sein.
Da diese Regelungen dann für alle Anbieter gleichermaßen gelten sollen, fällt damit die bisherige Vorrangstellung der selbstverblisternden Apotheken bzgl. des Teilens von Tabletten. Es wird allerdings zu untersuchen sein, wie streng sich die Apotheken an diese Regelung halten, wenn der verordnende Arzt bei seinem bisherigen Verordnungsverhalten bleiben will. Der Apotheker hat jedoch im Punkt „Verwechslungen ausschließen“ ein stich-haltiges Argument, denn auch geteilte Tabletten müssen noch genügend genau identifiziert werden können: gerade dies ist bei unilateralen Aufdrucken bzw. Einstanzungen jedoch häufig nicht vollkommen.
Damit wird nochmals untermauert, dass o.a. Perspektiven mittelfristig in dieselbe Richtung, nämlich einer höheren Bedeutung von Blisterzentren führen: diese dürften sich zunehmend eines wachsenden Zulaufs erfreuen. Auch wenn nicht alle Zentren die Saure Gurkenzeit überstehen werden oder vielleicht auch nicht wollen, so werden die Blisterzentren doch die Verblisterung der Zukunft darstellen.
[1] Heimversorgung – rechnet sich das? Haase, A.F., Seminarvortrag NOWEDA Essen, 6. Mai 2010